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Tropanalkaloide

Die Tropanalkaloide, oder mit einem anderen Wort, die Alkaloide der Nachtschattengewaechse, sind Haupt- vertreter der Delirantia, im Sinne der Definition von L. Levin. Typisch fuer diese Gruppe sind ihre stark ausgepraegten Nebenwirkungen, die von Schwindel, Taumeln, zeitweilige Blindheit, Raserei, bis sogar zum Tod durch Atemlaehmung fuehren koennen. Dennoch haben sie auch eine halluzinogene Komponente in ihrem Wirkspektrum. Diese reicht von leichten Verzerrungen der Wahrnehmung, bis zum totalen Realitaetsverlust, der von starken Halluzinationen begleitet wird. Der Berauschte spricht mit nicht vorhandenen Gaesten, halluziniert Gegenstaende und ist offensichtlich stark berauscht.

Da diese Pflanzen schon seit langer Zeit gebraucht werden, sicherlich schon seit der Antike, haben sich eine Reihe von Anwendungen und Kulte ergeben, die sich um diese Pflanzen und ihre Inhaltsstofffe ranken.

Bekanntestes Vertreter der Tropanalkaloide sind die Stoffe Hyoscyamin und Scopolamin.

Gegen alle diese Verbindungen wirkt Physiostigmin als Gegengift, sollte die Dosis zu hoch gewaehlt worden sein. Auch ein Beruhigungsmittel vom Benzodiazepintyp (Valium) kann helfen, die Erregungszustaende zu mildern. Tropanalkaloide sind gefaehrliche Rauschdrogen, deren Wirkungen den Menschen leicht schaden koennen, und ausserdem auch suchterzeugend sind. In vielen Laendern in Asien und Suedamerika sieht man heute noch Menschen, denen bleibende Schaeden vom Drogenkonsum durch Nachtschattengewaechse verblieben sind. Diese als "lebende Leichname" bezeichneten Menschen irren planlos herum. Oft geschah die Vergiftung aus kriminellen Motiven heraus. Betaeubung und anschliessender Raub oder Vergewaltigung sind keine Seltenheit im Zusammenhang mit Nachtschattendrogen.

Doch es gibt auch positive, religioese Rituale, die sich um die Pflanzen ranken. Dazu gehoert der Kult der Shivaiten, der Anhaenger des indischen "Gottes Shiva", dem zu Ehren die babas, die Bettelmoenche Indiens, Marihuana (Cannabis sativa) und Stechapfel- blaetter (Datura metel, aber auch Datura stramonium) gemischt rauchen.

Auch in Suedamerika im Amazonasgebiet werden Nachtschattengewaechse, v.a. Brugmansia-Arten, zur Heilung von den dortigen Schamanen verwendet.Entweder werden sie alleine genossen, oder sie werden mit ayahuaska, einer trinkbaren Mischung von ß-Karbolinen und Tryptaminen beigegeben. Brugmansia-Arten haben inzwischen uebrigens weltweit eine Verbreitung als Zierpflanzen gefunden und spielen dadurch eine groessere, toxikologische Rolle. Eine geringere Verbreitung als Rauschdroge haben Methysticodendron amesianum, die einzige Pflanze der Familie Methysticodendron, welche nahe mit Datura- und Brugmansia-Arten verwandt ist, wie ihr Entdecker, der beruehmte Ethnobotaniker R.E. Schultes feststellte. Ebenso eine geringe Verbreitung haben die Latua- und Solandra-Arten.

Viele Nachtschattenpflanzen spielten in Europa des Mittelalters als Zutat zu diversen Hexengebraeuen und -salben eine wesentliche Rolle als Inhaltsstoffe. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Bilsenkrautarten (Hyoscyamus spp.) und besonders natuerlich das heimische Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), dass sehr nahe verwandte Glockenbilsenkraut (Scopolia carniolica) aus der Familie der Scopolia-Arten, die Tollkirsche (Atropa belladonna) und ihre Verwandten, aber auch die mythologisch belastete Mandragora oder Alraune (Mandragora officinalis) und ihre botanischen Verwandten.

Ausserdem werden auch eine Reihe bedeutender Lebensmittel aus den Nachtschattendrogen gewonnen. Man denke an Kartoffel und Tomate. Beide sind geniessbare Fruechte der Pflanzen, doch auch bei diesen Pflanzen ist das Kraut giftig, jedoch nicht halluzinogen.

Es gibt auch eine Reihe umstrittener Pflanzen aus der Nachtschattenfamilie (Solanaceae), deren Wirkung nicht ausreichend gesichtert ist. Es gibt eine Reihe von Hinweisen ueber ihre Verwendung als Zutat zu bestimmten Rauschtraenken. Diese Pflanzen wurden einem eigenen Kapitel zugeordnet. Es waeren in diesem Zusammenhang vor allem die Pflanzenfamilie Brunfelsia zu nennen, die in Suedamerika als Rauschdroge verwendet werden soll, aber auch die bekannten Nachtschattenpflanzenarten (Solanum-Arten), von denen die ganze Familie ihren Namen hat. Ausserdem waeren noch die Cestrum-Arten zu erwaehnen, die manchmal als Drogen aufgefuehrt werden. Nebenbei spielen noch diverse Petunia-Arten in Suedamerika vermutlich als Rauschdroge eine Rolle, ebenso werden manche Withania-Arten als Medizin verwendet. Doch bei allen diesen Pflanzen reichen die derzeit vorhanden Untersuchungsergebnisse nicht aus, um eine eindeutige Klassifikation zu erreichen.

Auch die allseits bekannten Tabakarten enthalten wirksame Alkaloide, v.a. das Nikotin, welche aber von der chemischen Struktur her kein Tropanalkaloide sind. Deshalb wurden diese Pflanzen, deren Wirkung eher dem antriebssteigernden Spektrum zuzuordnen ist, dem Lexikon antriebssteigernder Rauschdrogen zugeordnet. Nicht vergessen werden sollen in diesem Zusammenhang auch die Pituri-pflanzen Australiens - Vertreter der Duboisia-pflanzenfamilie, die sich dadurch auszeichnen, dass sie kaum Tropanalkaloide, aber ebenso das bekannte Nikotin, ein erregendes Mittel, enthalten. Diese Pflanzenarten spielten bei den Aborigines (Ureinwohner Australiens) eine bedeutende Rolle als Rauschdroge.

Ebenso gibt es noch andere Vertreter der Nachtschattenfamilie, die vermutlich eher den Giftpflanzen zuzurechnen sind. Hierbei waere vor allem die Judenkirschen-Arten (Physalis spp.) zu nennen, die bei uns v.a. als Zierpflanzen genutzt werden. Diese Pflanzen werden in einem eigenen Lexikon der Giftpflanzen von mir zusammengefasst.

Auch das Alkaloid der Coca-pflanzen (Erythroxylon coca und Erythroxylon novogranatense) enthaelt ein Tropanalkaloid, das sogenannte Kokain und eine Reihe anderer nahe verwandter Tropanalkaloide (Tropakokain,..), die die Gesamtwirkung des Koka-kauens verursachen. Diese Tropanalkaloide wurden in das Lexikon antriebssteigernder Rauschdrogen aufgenommen, da Kokain und seine Derivate im Gegensatz zu den oben angefuehrten Tropanalkaloiden eine ueberwiegend zentral-erregende Wirkung haben. Es wurde sogar ein kuenstliches Tropanalkaloid entwickelt, dass eine Kokain-aehnliche Wirkung hat, das Kokain-diethylamid.